Der Weg der Symbole I

"In Wort und Schrift fand ich allein
bisher des Wissens Quelle.
Dring ich in höhere Wahrheit ein,
tritt das Symbol an diese Stelle."

(Novalis)


Treffender kann man Wert und Sinn eines Symbols nicht beschreiben.
Der Begriff "Symbol" entstand ursprünglich aus den beiden griechischen Silben "syn" -zusammen und "ballein"- werfen, und wurde über das lateinische "symbolum" - Zeichen oder Sinnbild also, zu unserem "Symbol".

 

Zusammen mit Ritualistik und Brüderlichkeit ist die Symbolik einer der drei Pfeiler der Freimaurerei. In der Zeit, in der unsere Rituale ihre ersten Formen annahmen, hatten Bücher nicht einen so vorrangigen Platz wie in der heutigen Gesellschaft. Viele Menschen konnten ohnehin nicht lesen. Man wusste, dass demzufolge eine Reihe geeigneter Symbole und eindrucksvoller Handlungen die Gedanken eines Menschen stärker anregten und die Erkenntnisse dem Gedächtnis nachhaltiger einprägten, als das Lesen oder Vortragen von Schriften.
 
So schreibt Bruder Wilmshurst in seinem Buch "The Meaning of Masonry":
"Die Freimaurerei ist ein sakramentales System, welches wie alle Sakramente eine äußere und sichtbare Seite besitzt, die aus ihrem Zeremoniell, ihrer Lehre und ihren Sinnbildern besteht, die wir sehen und hören können, und einer inneren, mystischen und geistigen Seite, die hinter dem Zeremoniell, der Lehre und den Sinnbildern verborgen ist, und die nur dem Freimaurer bekannt ist, der gelernt hat, seine geistige Einbildungskraft zu benutzen, und der die Wirklichkeit zu erfassen vermag, die hinter dem Schleier der äußeren Sinnbilder verborgen liegt."

Ein Bruder beim Aufzeichnen der Arbeitstafel
Ein Bruder beim Aufzeichnen der Arbeitstafel

Eine Maxime der Bruderschaften lautet:
"Die Freimaurerei gibt dir die Werkzeuge in die Hand, damit arbeiten musst du selber!"

 

Wir lesen hier also, dass sich uns die Inhalte und Bedeutungen von Ritual und Symbolik nicht einfach so erschließen, sondern dass wir lernen müssen, mit ihnen umzugehen und sie zu benutzen. Eine Maxime der Freimaurer lautet: "Die Freimaurerei gibt dir die Werkzeuge in die Hand, damit arbeiten musst du selber!" Durch bloßes Eintreten in eine Loge ist noch niemand zu höherer Einsicht gelangt. Und wer diese höhere Erkenntnis erlangt hatte, der verbarg sie vor Uneingeweihten, getreu dem Motto: "Wenn Wissen Macht ist, warum es dann ungeprüft weitergeben?"
Bereits im Mittelalter wurde zu Beginn der Arbeiten, zu denen nur Angehörige der Bauhütte Zugang hatten, der sogenannte "Steinmetzgrund" auf den Boden gezeichnet und wieder weggewischt, nachdem sich die Arbeiter die notwendigen Proportionen abgegriffen hatten.

Noch heute nehmen wir Freimaurer uns die Symbole der Arbeitstafeln sinnbildlich zur Hand und konstruieren mit ihnen den Bauplan des eigenen Lebens, dessen vollkommenes Ideal der Tempel Salomons ist. Er steht sinnbildlich für all die großartigen Dome und Kathedralen die von unseren Vorfahren zur Ehre des einen Gottes errichtet wurden. Wie die alten Werkmaurer wissen wir, dass wir an einem Bau arbeiten, dessen Vollendung, die Perfektion, wir nie erleben werden.
   
Auf einer späteren, höheren Stufe werden die Symbole und Allegorien vielschichtiger, und der Freimaurer ist nicht mehr ausschließlich an die Symbole der Werkmaurerei gebunden. Alles um ihn herum wird jetzt als Symbol für ihn erlebbar. Er wird nicht nur Körper und Geist pflegen, sondern auch Seele und Verstand schulen, was ihn letztendlich zu einem Meister des Lebens selbst macht.

Die Frage ist also:
Wie viele Grade muss ein Freimaurer erreichen, bis er erkennt, dass alle Lehren bereits im ersten Grad enthalten sind? Die Antwort ist: Unendlich viele! Denn wenn er sich die einzelnen Inhalte nicht wirklich erarbeitet, wird selbst der 99.te Grad keinen Einfluss auf ihn haben.

Letztendlich lehren wir uns immer selbst.
Die Freimaurer weisen nur den Weg... den Weg der Symbole.